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Taser auf dem Prüfstand

Eine Studie des FÖPS Berlin hat den Modellversuch zum Einsatz sogenannter Distanzelektroimpulsgeräte in Nordrhein-Westfalen sozialwissenschaftlich evaluiert.

11.12.2025

In NRW wurden zwischen Januar und September 2022 die Wachen von 12 Polizeipräsidien und 6 Kreispolizeibehörden mit Distanzelektroimpulsgeräten („Tasern“) ausgestattet. Mehr als die Hälfte der Einwohner des Landes leben seither in Städten und Gemeinden, in denen die Beamtinnen und Beamten der zuständigen Polizeiwache diese Waffe bei Einsätzen mit sich führen. Eine wissenschaftliche Untersuchung der Umstände, die zum Einsatz von DEIG führen, der Sichtweisen der Beamtinnen und Beamten wie auch der Bevölkerung ist bisher jedoch nicht erfolgt. 

Die vorliegende Studie schließt diese Lücke. An einer Anfang 2025 durchgeführten Vollbefragung haben sich nahezu 4.000 der im Wachdienst tätigen Polizeivollzugskräfte beteiligt. Ergänzend wurden qualitative Interviews durchgeführt. Unter den Beamtinnen und Beamten ist die Zufriedenheit mit diesem Einsatzmittel außerordentlich hoch. Allerdings lassen die Ergebnisse auch den Schluss zu, dass DEIG tendenziell expansiv und damit in Einsatzsituationen verwendet werden, in denen keine unmittelbare Bedrohung für Leib und Leben der anwesenden Personen anzunehmen ist. Insbesondere wird ein Einsatz angedroht, ohne dass die Voraussetzungen für einen Abschuss der den Lähmungseffekt herbeiführenden Pfeilelektroden vorliegen. Eine Auswertung von Einsatzberichten bestätigt diese Einschätzung. Auffallend häufig betreffen Androhungen und auch Abschüsse Menschen in psychischen Krisensituationen, alkoholisierte oder unter Einfluss von Drogen stehende Personen. 

Diese Ergebnisse decken sich weitgehend mit dem internationalen Forschungsstand. Der belegt, dass klare und verbindliche Vorgaben für DEIG-Einsätze, die Pflicht zur Dokumentation sämtlicher DEIG-Verwendungen sowie eine kontinuierliche interne Reflexion der Praxis – etwa im Rahmen von Einsatznachbesprechungen – dazu beitragen können, dass DEIG nur dann verwendet werden, wenn eine akute Bedrohung besteht und die Einsatzkräfte diese mit kommunikativen Mittel nicht auflösen können. Die Studie untersucht die Rechtslage in NRW und erarbeitet Vorschläge dazu, wie DEIG-Einsätze besser auf solche Lagen beschränkt werden können. 

Ergänzend werden die Ergebnisse einer Analyse der in NRW verbreiteten Printmedien sowie einer Straßenbefragung vorgestellt. Es zeigt sich, dass die Bürgerinnen und Bürger die Ausstattung der Wachen mit DEIG akzeptieren, jedoch nur ungenau über deren Wirkung informiert sind und von der Annahme ausgehen, dass eine Verwendung in erster Linie gegen „Kriminelle“ erfolgt und somit die öffentliche Sicherheit stärkt. Einen Grund für diese tendenzielle Indifferenz liefert die Medienanalyse. Die Printmedien treten als Echo der Protagonisten der DEIG-Einführung - insbesondere Polizeiführung, Innenministerium und Polizeigewerkschaften - in Erscheinung. Zu einer diskursiven Auseinandersetzung mit der Einführung dieses Einsatzmittels in den regulären Polizeidienst haben sie wenig beigetragen.

Vincenz Leuschner, Claudius Ohder, Carolyn Tomerius (2025). Sozialwissenschaftliche Evaluation der Einführung von Distanzelektroimpulsgeräten (DEIG) in der Landespolizei NRW (Eva-DEIG). Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, FB 5 - Polizei und Sicherheitsmanagement. Berlin, November 2025, doi.org/10.4393/opushwr-4582

PDF-Version der Studie